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Prof. em. Dr. Belohradsky verwandelt die Aula in einen Hörsaal.

Kompetent und humorvoll: Prof. em. Dr. Bernd H. Belohradsky verwandelte die Aula des Gymnasiums in einen Hörsaal. Foto: fam

Über Immundefekte und ihre Therapie

Vortrag von Bernd H. Belohradsky, ärztlicher Beirat der dsai, im Hertzhaimer-Gymnasium

Von Michael Falkinger

Üblicherweise organisiert die Deutsche Selbsthilfe Angeborene Immundefekte (dsai) Informationsveranstaltungen in München. Kürzlich hat jedoch ein Vortrag von  Prof. em. Dr. Bernd H. Belohradsky über Immunerkrankungen für die neunte Jahrgangsstufe in der Aula des Hertzhaimer-Gymnasiums Trostberg stattgefunden. Es handelte sich dabei um eine Veranstaltung anlässlich der 50. Jubiläen des Trostberger Hertzhaimer- und des Traunreuter Johannes-Heidenhain-Gymnasiums. Auch Neuntklässler aus Traunreut waren zu Gast.

[sam id=“8″ codes=“true“]Die dsai ist eine Organisation mit Sitz in Schnaitsee. Wie Monika Sewald-Wendrich, bei der dsai verantwortlich für Schulveranstaltungen, die gemeinsam mit Gabi Langer von der dsai-Mitgliederverwaltung nach Trostberg gekommen war, erzählte, ist die Organisation 1991 als kleine Selbsthilfegruppe gegründet worden. Auf Nachfrage des Orgelpfeifers teilte die Vorsitzende Gabriele Gründl mit, dass die dsai inzwischen bundesweit agiere und 720 Mitglieder hat. Gründl bezifferte die deutschlandweit diagnostizierten Immundefektpatienten auf etwa 4.000; als Dunkelziffer nannte sie 100.000.

Immundefekte sind Erkrankungen des Immunsystems, die  eine vorübergehende oder irreversible Schwächung der Abwehrfunktion kennzeichnen. Der Körper ist nicht fähig, sich gegen eindringende Krankheitserreger zu wehren. In der Folge treten gehäuft Infektionskrankheiten auf, die erschwert verlaufen können.

Belohradsky, ärztlicher Beirat der dsai und ehemaliger Leiter der Abteilung Infektiologie und Immunologie des Klinikums der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, nannte in seinem Vortrag als ein Beispiel von  Immundefekten  die Agammaglobulinämie. Sie ist eine X-Chromosom-gebundene Immundefizienz, bei der aufgrund eines Gendefekts die B-Lymphozyten nicht vollständig ausgebildet werden können. Folge ist das Fehlen der B-Lymphozyt-Rezeptoren, was den Körper zu einer Immunreaktion auf bakterielle Infektionen unfähig macht.

B-Lymphozyten oder B-Zellen gehören zu den Leukozyten – weiße Blutkörperchen. Sie sind als einzige Zellen in der Lage, Antikörper zu bilden, und machen zusammen mit den T-Lymphozyten den entscheidenden Bestandteil des adaptiven – erworbenen – Immunsystems aus. T-Lymphozyten oder  T-Zellen bilden eine Gruppe von weißen Blutzellen, die der Immunabwehr dient.

Belohradsky erzählte über den amerikanischen Militärkinderarzt Colonel Ogden C. Bruton, der 1952 erstmals einen Immundefekt, der die B-Zellen betraf, beschrieben hat. Bei dem Patienten handelte es sich um einen Buben, der keine Antikörper bilden konnte. Bruton  entwickelte eine Therapie mit Antikörpern, die aus Spenderplasmen gewonnen wurden. Als Beispiele von Behandlungsmöglichkeiten nannte Belohradsky Knochenmarktransplantation und Gentherapie.  Bei der Knochenmarktransplantation lägen die Chancen, geheilt zu werden, bei 90 Prozent. Bei einer Gentherapie fügt der Arzt Nukleinsäuren wie DNS in die Körperzellen des Patienten ein. Hier besteht jedoch das Risiko, dass andere, vorher intakte Gene in ihrer Funktion gestört werden können.

Als Erfolg verbucht die dsai für sich, dass sie sich für die Einführung einer neuen Therapieform in Deutschland eingesetzt hat. 2004 wurde die subkutane Immunglobulingabe zur Behandlung des angeborenen Antikörpermangels  eingeführt. Bei der  Therapie spritzt der Arzt  Antikörper mit Hilfe einer Infusionspumpe unter die Haut – subkutan. Von dort gelangen sie nach und nach ins Blut. So wird ein gleichmäßiger, annähernd normaler Antikörperspiegel aufgebaut, der einen ausreichenden Schutz vor Infektionen bietet.

Dank des zunächst bundes- und dann weltweiten Aufbaus von Kontakten zu Betroffenen, Spezialisten, Behörden und Forscherteams erfahren die Mitglieder der dsai stets frühzeitig von neuen, besseren Therapiemöglichkeiten. Mehr Infos über Ziele, Erfolge und Angebote der Patientenorganisation dsai gibt es im Internet unter www.dsai.de.

(17. November 2015)

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