Mit der Maus abgerutscht
Da jubelt Oliver K. aus Traunreut: „Mittlerweile gibt es bereits auch eine vorzeigbare Webseite unseres Ortsverbands in spe“, hat er auf seine Facebook-Pinnwand gepostet. Nicht nur aus ästhetischen Gründen verzichten wir hier auf einen Link zur Traunreuter AfD-Ortsverbandsseite. Jeder interpretiert halt „vorzeigbar“ anders. Immerhin: Die Seite strahlt eine für die AfD ausreichende Ästhetik aus. Mei, greislig is’ hoid. Selten passen Form und Inhalt dergestalt kongenial zusammen.
Die Parteienlandschaft in Deutschland ist ja vielfältig. 30 Parteien versuchten 2013 in den Bundestag zu kommen. Da gibt’s unter anderem die Tierschutzpartei, die Piraten, die ÖDP und die FDP, die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI), die NPD, die AfD und die Partei der Vernunft. Eigentümlich scheint das Selbstverständnis letzterer zu sein. Wer seine Gruppierung als „Partei der Vernunft“ bezeichnet, der impliziert, dass jene Vernunft allen anderen Gruppierungen fehlt – ansonsten wär’s ja kein Alleinstellungsmerkmal. Die Partei der Vernunft. Direkte Demokratie und Minimalstaat mag sie, Sozialstaat mag sie nicht so. Aber ganz rund läuft’s bei denen auch nicht – im November 2014 trat der Großteil der Bundesvorstandsmitglieder aus. Ein konsequenter Schritt, wenn man ahnt, dass Vernunft doch nicht zu den persönlichen Kernkompetenzen gehört. Was macht so ein von der Vernunft Enttäuschter? Er sucht sich eine neue politische Heimat, in der Vernunft nicht zum Markenkern zählt und demgemäß der Geist eine eher untergeordnete Rolle spielt. Vielleicht in der AfD?
So kann’s gehen. Oliver K. aus Traunreut war mal stellvertretender Vorsitzender der bayerischen Partei der Vernunft. War wohl nicht das Richtige, warum auch immer. Also jetzt AfD, und zwar beim Traunreuter Ortsverband „in spe“. Spes, spei, spei, spem, spes, spe, lateinisch, feminin, E-Deklination wie res (Sache), fides (Treue) und acies (Schlachtordnung), zu Deutsch Hoffnung. Wenn die Vernunft Pause hat, dann bleibt die Hoffnung, und die stirbt bekanntlich zuletzt. Jetzt also bejubelt eben jener Traunreuter Politprofi die Vorzeigbarkeit der AfD-Seite. Wir rekapitulieren: Vernunft war gestern, Geist ist nachrangig. Unter diesem Aspekt schauen wir uns mal diese AfD-Seite an.
[sam id=“8″ codes=“true“]Und da erleben wir unter „Traunreut Aktuell“ die erste Überraschung. Wer die Debatten auf Facebook verfolgt, dem fällt die orthografische Kreativität der strammdeutschen Besorgtbürger auf. Muss man verstehen, auf der Computermaus abgerutscht. Doch hier? In den ersten beiden Absätzen kein Rechtschreib-, kein Satzzeichen-, kein Grammatikfehler. Noch nicht einmal ein Rufezeichenrudel. Inhaltlich? Relativ unauffällig. Bah, Respekt. Vorzeigbar. Aber halt doch bloß auf den ersten Blick. Diesen Text hat kein AfDler geschrieben. Er stammt von Xaver Eichstädter, Volontär und chiemgau24.de-Reporter (bit.ly/1mOFP7n). Lügenpresse, Lügenpresse. Wenigstens zum Kopieren kann man sie gebrauchen. Weil es sich nicht um die Seite der Partei der Vernunft, sondern um die der AfD handelt, wird Geist per se nicht überbewertet. Geistiges Eigentum? Schon gar nicht. Nein, die Traunreuter AfDler müssen keine Quelle angeben, natürlich nicht. Man stelle sich vor, die AfD bezöge sich in aller Öffentlichkeit auf eine Mainstream-Postille. Geht gar nicht. Texte klauen? Geht schon.
Aber das ist auch ganz in Ordnung so. Weil dann wenigstens die ersten Zeilen erträglich sind. Danach wird’s krude. Gehen wir ins Detail: Unter der Überschrift „Entscheidungen des Stadtrats zur Sicherheit der Traunreuter Bürger“ wird – wie erwähnt – munter chiemgau24.de kopiert: „Auch wenn andere Orte bereits zu härteren Mitteln griffen und Flüchtlingen den Zugang zu Schwimm- und Hallenbädern untersagen wollten, ist man in Traunreut anderer Meinung: ,Ein genereller Ausschluss ist rechtswidrig‘, so die Stadtverwaltung. (…)“ Keine Wertung, nur Faktenlage. Aber dann wird’s wirr:
„Warum haben wir eigentlich Schlösser und Videokameras vor unseren Banken? Schlösser an unseren Türen? Lieber Stadtrat, sparen Sie sich doch in Zukunft das absperren des Rathauses, ein Hinweisschild, das das betreten außerhalb der Geschäftszeiten verboten ist, würde doch sicher auch reichen.“ Es reicht nicht, grandios am eh vergeblichen Bemühen um eine stringente Argumentation zu scheitern, nein, man muss auch unfähig sein sie auszudrücken. Was will uns der wackre AfDler sagen? Man weiß es so genau nicht. Was machen wir nur mit unseren Schlössern vor unseren Banken? Vermutlich sieht er einen kausalen Zusammenhang zwischen Türschlössern und Flüchtlingen im Allgemeinen. Macht er sich Sorgen, dass Asylbewerber nachts das Traunreuter Rathaus besetzen? Sperrt der Stadtrat das Rathaus eigenhändig ab? Oder ist das Ganze ein Ironie-Versuch, unbeholfen, aber herzerwärmend? Orthografisch kreativ ist’s jedenfalls. Richtig wären: „das Absperren“, „dass das Betreten“; das Komma vor „ein Hinweisschild“ müsste ein Semikolon oder ein Punkt sein. Aber immerhin: nur vier Fehler. Denen 21 weitere folgen. Unter anderem fordert der Formulierkünstler „eine permanente Überwachung der Videos“ im Schwimmbad. Wir müssten viel mehr Videos überwachen. Diese unkontrollierten Videos immer.
Aber es findet sich urplötzlich auch wieder ein fehlerfreier Absatz. Welche Überraschung – auch der wurde komplett aus Eichstädters chiemgau24-Bericht rauskopiert. Der gesamte AfD-Text stolpert sich aus 24 Sätzen zusammen, wovon zehn rundweg geklaut sind. Die – nun, nennen wir sie mal – geistige Eigenleistung des AfDlers besteht also aus 14 Sätzen – worin er 25 Schreib-, Grammatik-, Satzzeichen- und Logikfehler zu integrieren wusste. Nein, die Partei der Vernunft ist nicht für jeden der richtige Weg.
Zum Schluss hat dieser Alternative für Deutschland noch eine ganz tolle Idee: „Ein Heimweg Telefon das es zum Beisiel auch schon in Berlin gibt, wäre selbst mit Ehrenamtlichen Mitarbeitern ohne großen Kostenaufwand möglich gewesen.“ Er weiß was, er weiß was, er weiß was! Zumindest tut er so. Ah ja, Heimweg-Telefon, Beispiel, ehrenamtlichen. Drei Fehler, geschenkt. Das eigentlich Frappierende ist die Idee als solche. Weil sie klarmacht, dass sich die Traunreuter AfD nicht nur Lügenpresseninhalte aus dem Netz zu eigen macht, sondern grundsätzlich ihr doch überschaubares Wissen aus dem Internet im Allgemeinen und aus Facebook im Speziellen speist und daraus Realität in ihr genehmen Dosen exzerpiert. Das zusammengespuckte Resultat wird danach wahlweise als Vorwurf gegen „Altparteien“, „Mainstream-Medien“ oder „Gutmenschen“ ausgesprochen, die daraufhin völlig umsonst gegen eine Wand des Mindersinns anlaufen und anargumentieren können.
Das beschworene Heimweg-Telefon, das es laut Traunreut-AfD „auch schon in Berlin gibt“, ist im vergangenen Jahr unter anderem gescheitert, weil diese Aufgabe ehrenamtlich eben nicht zu stemmen war. Nachdem das Projekt ein Dreivierteljahr ruhte, sind derzeit die Initiatoren auf der Suche nach Telefonisten, Sponsoren und administrativen Unterstützern, um das Heimweg-Telefon wieder aufleben zu lassen. Ob das gelingt, steht in den Sternen. Soweit die Fakten. Die jedoch spielen weder auf Facebook noch im eingezäunten AfD-Mikrokosmos eine Rolle. Da wird bis zum Erbrechen der Statusbeitrag mit der Heimweg-Telefonnummer geteilt, geteilt, geteilt. Klar, dass ein AfDler sich um den Wahrheitsgehalt dieses Beitrags nicht kümmert. Nein, er bezieht ihn gnadenlos in seine Argumentation mit ein. Weil alles wahr sein muss, was besorgte Bürger verbreiten. Drei Mal gelesen – da wurde doch noch jede Lüge wahr. „Wäre selbst mit Ehrenamtlichen Mitarbeitern ohne großen Kostenaufwand möglich gewesen“. Was ein Blödsinn. Das Ding funktioniert nicht mal in Berlin mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern. Aber in Traunreut, da wär’s ganz locker zu realisieren, klar.
Diese Vorgehensweise folgt immer demselben Muster. Man nehme eine Geschichte, klopfe alles weg, was der AfD-Weltsicht widerspricht, nehme die entstandene Unwahrheit als Basis für die künftige Argumentation und warte, bis eine genügend große Masse den Schwachsinn für bare Münze nimmt und damit gegen den politisch Missliebigen loszieht. Wenn diese Lügen ganz, ganz oft wiederholt werden, hinterfragt sie irgendwann keiner mehr. Und die Seehofers dieser Republik surfen dann genau auf dieser Welle, um ihr Stimmvieh zusammenzuhalten. So wird manipuliert. In Traunreut noch etwas ungelenk, ganz nach den intellektuellen Möglichkeiten der Protagonisten, in der AfD-Zentrale schon geschickter. Wenn dort nicht gerade auf Frauen und Kinder geschossen werden muss. O je, jetzt bin ich mit der Maus abgerutscht.
Dipferlscheißer vom Dienst (DvD): Andreas Falkinger
Ich finde zwar die Rechtschreibung wird überschätzt, nach der Reform etwas weniger.
Aber Zitate sollten als solche gekennzeichnet sein. Das gehört sich nun mal so. Satire und Ironie ist eine Sprachebene, die nur von einer Minderheit verstanden wird. Die Auseinandersetzung mit der populistischen AFD wird nicht gelingen, solange deren Mitglieder nur Phrasen dreschen und nur Nachrichten sehen und akzeptieren, die in ihr Weltbild passen.
Super Retourkutsche! Man erkennt den echten Profi der Schreib- und Denkkunst! Danke, das gefällt mir sehr.
DANKE. Leider wird die angehende AfD „Ortsgruppe“ in Traunreut totgeschwiegen.
Das Heimweg-Telefon in Berlin, wäre gescheitert und was in eine Millionen Stadt wie Berlin, nicht realisierbar war, könne in Traunreut, wohl gar nicht funktionieren. Wobei ich mich frage woher Sie Ihre Informationen nehmen, dass das Heimweg-Telefon gescheitert ist.
Denken und recherchieren, ist dann halt doch nicht so dass Ihre, eher abschreiben und denunzieren. Das Heim-Telefon in Berlin ist immer noch aktiv.
Zudem bin ich der Meinung das so etwas gerade zum Schichtwechsel sehr einfach zu realisieren wäre, gerade in einen kleinen Ort.
Nun ja Herr Dipferlscheißer, Sie machen Ihren Namen alle ehren. Sie dürfen sich gerne über meine Legasthenie lustig machen. Ich mache das ja auch, über Ihre geistigen Kapazitäten. Ich treffe mich gerne mal mit Ihnen, auf eine Partie Schach. Denn viel mehr als Orthographie, scheint bei Ihnen, ja im Oberstübchen, nicht Platz zu haben.
Ach ja Herr Dipfelscheißer, ich bin umerzogener Linkshänder, mit einem gemessen IQ von über 160, ich betone das im allgemeinen nicht, das nur damit geistig minderbemittelte, sich vielleicht mal Gedanken machen, ob Sie das Recht haben, jemanden wegen seiner Orthographie persönlich anzugreifen.
Da ich ja oben den Beweis habe das Sie es selbst mit dem Googeln nicht so haben, bekommen Sie von mir den Link, frei Haus präsentiert. Man soll es ja Menschen, die beim Denken, eher Pech haben, nicht so schwer machen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Linksh%C3%A4nder
Zur Webseite, das ist eine Seite welche aus privaten Mitteln ins Netz gestellt wurde. Genau wie die allermeisten Menschen die sich für die AfD engagieren, fast alles Privatleute sind. Keine bezahlten Wortverdreher, oder bezahlte Politiker. Schon gar keine professionellen Webdesigner, wobei mir Ihre Referenz Seiten, auch nicht gefallen.
Lieber Herr Spoddig,
ja, woher nehme ich nur meine Heimwegtelefon-Informationen? Da hab ich wohl beim Googeln meinen Meister gefunden. In Ihnen natürlich. Weil’s fürs Googeln schon einen gemessenen IQ von mindestens 160 braucht. Nein. Doch nicht. Vielleicht schauen Sie mal ganz unverbindlich auf die Heimwegtelefon-Internetseite.
Da hat offensichtlich Ihre Recherche nicht so richtig geklappt. Schade eigentlich. Und über Ihr „Denken“ will ich mir kein Urteil bilden, da Ihr Denken für mein Leben eine eher nachrangige Rolle spielt.
Ich könnte mich selbstverständlich auf Ihr Gliedvergleichsniveau einlassen, selbstverständlich könnte ich auch den Wert meines IQ aus dem Hut zaubern. Ich könnte mich selbstverständlich mit dem Volumen Ihres und meines Denkvermögens auseinandersetzen und Vergleiche ziehen. Selbstverständlich könnte ich mich mit Ihnen auch zu einer Partie Schach treffen, da wär mir nicht bange. Allerdings habe ich meine Schach-Karriere vor mehr als 30 Jahren nach einem Remis gegen den damals amtierenden Chiemgau-Jugendschachmeister Christoph Haller (ELO 2200) eingestellt. Und die Frage ist: Will ich das alles? Die Antwort ist schnell gefunden: Nein, ich will das nicht.
Habe ich mich über Ihre Legasthenie lustig gemacht? Nein. Es interessiert mich auch nicht, ob Sie umerzogener Linkshänder oder nativer Rechtsträger sind. Ich habe die Fehler auf der Traunreuter AfD-Unterseite gezählt. Stammen die von Ihnen? Das ist nicht ersichtlich. Vielleicht, weil Sie’s mit Quellenangaben nicht so haben, wie die Seite eindrucksvoll beweist. Ich habe Sie nicht direkt angesprochen – somit konnte ich mich explizit gar nicht über Sie lustig machen. Bis gerade eben hatte ich mich noch nicht einmal mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass Sie überhaupt existieren. Und nach diesem unseren kleinen Intermezzo werde ich das auch relativ zügig wieder zu verdrängen wissen.
Wenn Sie mir journalistische Unkorrektheiten vorwerfen wollen, sollten Sie besser früher aufstehen. „Denunziation“ ist im Sprachgebrauch der AfD ein gern gesehener Gast – Sie haben das schon sehr schön verinnerlicht. Das wird Kritikern mit Verve reflexartig entgegengeschleudert – offenbar in eklatanter Unkenntnis, was Denunziation de facto ist. Ich habe niemanden denunziert: Der Jubel über den „vorzeigbaren“ AfD-Traunreut-Internetauftritt hat stattgefunden, nachzulesen auf Facebook. Der Textklau hat stattgefunden – nachzuvollziehen auf der AfD- und der chiemgau24-Seite. Die Rechtschreib-, Satzzeichen-, Grammatik- und Logikfehler wurden gemacht – zur Schau gestellt auf der AfD-Seite. Wo genau sehen Sie da eine Denunziation? Diese Sicht der Dinge haben Sie und Ihre Parteigänger exklusiv. Und versuchen Sie gar nicht erst mir zu erklären, was ich geschrieben habe. Ich hab mein Handwerk gelernt und weiß sehr genau, wo die Grenze zwischen Satire und Diffamierung liegt. Sie werden mir keine Zeile in meiner Glosse nachweisen können, in der ich mich direkt und unmittelbar über eine namentlich klar zu identifizierende Person auslasse oder sie gar beleidige. Das fiele mir in Ihrem Kommentar schon deutlich leichter. Wie oben erwähnt: Wenn Sie eine Diffamierung, eine Denunziation oder Beleidigung erkannt haben wollen, dann muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Ihnen da Ihre Interpretation einen Streich spielt. Nur in Ihrem Kopf. Vielleicht ist Ihnen Ihr ach so enormer IQ ein bisserl im Weg gestanden. Dafür kann ich nichts.
Ihr Dipferlscheißer Andreas Falkinger