Wünscht jedem Volksvertreter, der die Bürger anlügt, einen ein Pfund schweren Blätschel: Monika Schwarzmann. Fotos: fal
Ein Abend in kindlicher Christbaumfreude
Martina Schwarzmann mit „Gscheid gfreid“ im Postsaal: Mit Hausverstand das Glück im Pech suchen und vor allem finden
Von Andreas Falkinger
Gut, manchmal ist man als Kabarettbesucher ein bisserl angefressen. Wenn der Künstler alles gibt, und der Saal ist halbvoll. Beim Rogler zum Beispiel. 80 Hanseln im Postsaal. Was da den 300 Leuten entgangen ist, die nicht da waren. Ärgerlich. Meistens ist’s aber wurscht, wie viele andere sich begeistern ließen. Wurscht. Man geht ja eigentlich auch vor allem für sich rein. Aber manchmal, da freut‘s einen, wenn man das Erlebnis mit ganz vielen geteilt hat. Weil’s einfach nett war. Nett im tatsächlichen Sinn. Gmiatlich. Griabig. Schee.
[sam id=“8″ codes=“true“]So ein Abend, wo man sich freut, selbst mit vielen anderen dabeigewesen zu sein, das ist ein kleines Glück. Ein unverhoffter, wärmender Sonnenstrahl im Januar, ein freundliches Lächeln, eine kindliche Christbaumfreude, ganz ohne Hintergedanken. Bedingungslos. Wie am Mittwoch im Postsaal. Da haben sich ganz viele „Gscheid gfreid“. Nicht nur, weil Martina Schwarzmanns Programm so heißt. Nein wirklich. Die Künstlerin hat’s zwar gesagt, dass das das Ziel des Abends sei. So Künstler sagen ja oft was. Hier stimmt’s aber. Gscheid gfreid.
Die Schwarzmann. Warum bereitet die vielen Menschen so viel Spaß? Weil sie ehrlich rüberkommt. Ihren Hausverstand, und der ist nicht der schlechteste, bringt sie mit auf die Bühne. Grundsympathisch. Selten lacht sie über andere, vielleicht mal über die bucklige Verwandtschaft, über Muttertierkolleginnen. Aber nie hämisch, nie bösartig. Die meiste Zeit lacht sie über sich, über ihre Schwächen, menschliche und liebenswerte Schwächen, die sie sich mit vielen im Publikum teilt. Darüber können auch alle anderen lachen. Und alles wird leichter, erträglich. Sie haut nicht auf andere ein, nicht auf Rechts, nicht auf Links. Politisch? Ist sie fast gar nicht. Sie wünscht nur jedem Volksvertreter, der uns anlügt, dass seine Zunge auf ein Pfund Gewicht anschwillt. Mehr Politik ist nicht. Wenn man sich das mal bildlich vorstellt, braucht’s auch gar nicht mehr. Ein Trump, der keine alternative facts mehr an seinem Blätschel vorbeibringt. Schon schön. Und alles ist gesagt.
Ansonsten macht Martina Schwarzmann wirklich alles, damit sich das Publikum gscheid gfreid. Sie singt und erzählt, sehr charmant, immer mit einem Zwinkern. Und damit die Freude nicht nachlässt, hat sie auch noch einen Überraschungsgast mitgebracht. Quasi der Keks zum Cappuccino. Bestellt nie einer, bezahlt keiner, trotzdem ist er da, und jeder freut sich. Klar, der Keks ist diesmal schon sehr groß. Umso größer die Freude. Mathias Kellner kommt auf die Bühne, mit seiner Gitarre, einer Gibson Robert Johnson Signature. Zwei erdige Oberpfälzer-Blues-Stücke lang steht, spielt und singt er da und macht Werbung für seinen Auftritt im Postsaal im März. Sehr fein. Und dann macht er auch schon wieder Platz für Martina Schwarzmann.
Was macht Schwarzmanns Kabarett aus? Die Antwort gibt sie in einem ihrer Lieder selbst: „Wie hell das Glück scheint, erkennt man oft erst, wenn das Pech einen Schatten wirft, der einen nur leicht streift, aber nicht gscheid trifft. Und was für den einen Pech ist, ist für den anderen das höchste Glück. Die Joggerin kann von Glück reden, wenn beim Exhibitionisten das Hosentürl zwickt.“ Ein bisserl Pech ist immer. Es kommt nur auf die Betrachtungsweise an. Schwarzmann betrachtet die Umstände gern so, dass das kleine Pech vor dem vielen Glück gar nicht mehr auffällt. Es ist schon noch da. Aber eigentlich ist’s verschwindend g’ring. Lächerlich. Einfach mal einen Schritt zur Seite machen, sich selber beim Wurschteln zuschauen. Und lachen.
Das macht sie. Wenn die Kinder durchs Haus toben und zur Kontrolle, ob noch alle Sachen von gestern da sind, die Schränke ausräumen. Wenn zehn Prozent der Lebensmittel, die sie einkauft unter dem Tisch landen und sie dann nicht gleich zusammenkehrt, weil sich’s leichter kehrt, wenn das schon einen Tag lang eingetrocknet ist. Wer schon mal eine frische Spaghetti aufkehren wollte, weiß, wovon Martina Schwarzmann spricht. Der Haushalt und das Familienleben sind eine ewig sprudelnde Quelle der Inspiration. Da ist’s von Vorteil, wenn man multitaskingfähig ist. Ist sie aber nicht. Wenn sie die Milch auf dem Herd vergisst, weil sie kurz Eier aus dem Keller holen will und dabei feststellt, dass die Waschmaschine fertig ist und die Wäsche aufgehängt werden muss, dann steht für sie fest: Multitasking ist ein Riesenscheißdreck. Zeit lässt sich nicht sparen. Vor allem dann nicht, wenn man den Rest des Tages damit verbringt, den Herd zu putzen.
Dreifache Mutter ist sie inzwischen. Und entsprechend hat sie auch neue Kontakte geknüpft, Freundinnen gefunden, die sie gar nicht gesucht hat. Bei den Müttern ist es ja so wie bei den Kühen. Sagt Schwarzmann. Mit Hausverstand. Alle Kühe, die zur selben Zeit abkalben, kommen in eine Box. Nur: Die Kuh hat den Vorteil, dass sie nach dem Abkalben aus der Box wieder rausdarf. „Als Mutter bleibst du in der Box bis zum Schulabschluss.“ Empfindlich ist sie eher nicht, sensibel schon, aber nicht empfindlich. Darf man auch nicht sein, als Ehefrau und Mutter. Wenn der Gatte zum Sohn „Saubua“ sagt, zum Beispiel. Das mag sie nicht so. Weil: „Da bin ich automatisch die Sau, wenn man mal drüber nachdenkt. Wenn man dem Buam sagen will, dass er eine Sau ist, muss man ,Bubensau‘ sagen.“
Schwarzmann strahlt eine allumfassende Zufriedenheit aus. Der ganze Auftritt ist von einer Wohligkeit getragen, von einer umfassenden Entschleunigung. Wovon sie noch träumt, welche Ziele sie noch verwirklichen will? „Nix. Die Leut‘ kommen freiwillig. Mir macht’s Spaß. Reicht doch. Man kann aber auch einfach mal zufrieden sein, wenn’s passt.“ Auch ein Standpunkt. Vergisst man immer. Wenn einen aber Martina Schwarzmann dran erinnert, dann hat man Anlass, dass man sich drüber gscheid freid. Ein schöner Abend.
Überraschungsgast beim Schwarzmann-Auftritt: Mathias Kellner stellte zwei Stücke seines Soloprogramms vor, das er im März im Postsaal spielen wird.
(28. Januar 2017)
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