Einweihung am 23. Oktober 1966: Vor der Trostberger Hütte sagte Sektionsvorsitzender Michael Reisinger allen Dank, die zum Gelingen des Gemeinschaftswerks beigetragen haben. Den Glückwunsch der Stadt Trostberg überbrachte Bürgermeister Josef Wex. Unter den Hunderten von Mitgliedern und Freunden der Alpenvereinssektion, die an der Einweihungsfeier teilnahmen, waren auch viele aus Garching, Tacherting, Altenmarkt, Palling und anderen Orten der Umgebung Trostbergs. Fotos: Erwin Huber
Trostberger Hütte am 23. Oktober 1966 eingeweiht
Sektion des Deutschen Alpenvereins feiert Jubiläum ihres Stützpunkts
Von Michael Falkinger
„Wer am gestrigen Sonntag das Zollamt von Mellek passierte, mochte sich über die vielen Wagen mit TS-Kennzeichen wundern, die reihenweise über die Grenze nach Unken fuhren und dort in die Heutalstraße abbogen“, berichtete das Trostberger Tagblatt am 24. Oktober 1966. „Nach der Auffahrt war es schwer, einen Parkplatz zu finden, denn in jeder Ausweiche standen dicht gedrängt Autos, deren Insassen schon in Gruppen den Almweg hinaufwanderten oder sich gerade marschbereit machten.“
[sam id=“8″ codes=“true“] Der Grund für den Besucheransturm war die Einweihung der Trostberger Hütte am 23. Oktober 1966. Die Trostberger Sektion des Deutschen Alpenvereins feiert das 50. Hütten-Jubiläum am Donnerstag, 15. September, um 19 Uhr im Hotel „Pfaubräu“ mit einem Festabend. Die Bergmesse auf der Hochalm am Sonntag, 18. September, steht ebenfalls im Zeichen des Jubiläums.
„Die Trostberger Hütte ist eine einfache Selbstversorgerhütte ohne elektrischen Strom und ohne fließendem Wasser im Haus“, beschreibt die Sektion den Stützpunkt auf ihrer Homepage. „Zwei Schlafräume unter dem Dach bieten gut 30 Lagerplätze. Im Erdgeschoss befinden sich Küche, Stube und kleinere Lagerräume. Holzlege und Toiletten sind im Anbau untergebracht. Solarzellen sorgen für die Beleuchtung, zwei große Holzöfen für kuschelige Wärme. Wasser liefert der Brunnen hinter dem Haus.“ Über das Umfeld schreibt der Alpenverein: „Die Trostberger Hütte befindet sich auf der reizvollen blumen- und schneereichen Unkener Hochalm am Sonntagshorn.“ Hüttenbesucher parken entweder kurz vor dem Heutal an der Kiesgrube und marschieren auf einer Forststraße zur Hütte oder biegen im Heutal rechts zum Heutal-Bauern ab und wandern auf dem Sommerweg oder über dem Reichenhaller Hang hinauf.
Als vor über 50 Jahren die Generalversammlung der Trostberger Alpenverein beschloss, eine Hütte zu bauen, sah der damalige Sektionsvorsitzende Michael Reisinger diesem Unternehmen etwas skeptisch entgegen. Angesichts der beschränkten Finanzen schien es ihm ein Wagnis zu sein, am Sonntagshorn mit dem Bau einer Hütte zu beginnen, die groß genug werden sollte, etwa 30 Personen eine Unterkunft zu bieten.
Doch im August 1965 begann die Sektion mit den Bauarbeiten. Bis zur Vollendung des Werks leisteten die Mitglieder an insgesamt 30 Wochenenden 9.000 freiwillige Arbeitsstunden an Trostbergs höchstgelegener Baustelle auf etwa 1.400 Metern. Außer Türen, Fenster und dem Dachstuhl erledigte die Sektion alles in Eigenregie. Ein Stamm von etwa zehn Hüttenbauern war jedes Mal dabei, oft aber auch 20 und mehr. Ebenso ausschlaggebend für den guten Fortschritt der Bauarbeiten waren auch die Fahrzeuge, besonders die berggängigen Unimogs, die immer wieder zum Transport des Baumaterials unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden. Die Baukosten bezifferte Reisinger am 16. September 1966 im Trostberger Tagblatt mit 40.000 Mark.
Am 23. Oktober 1966 war es dann so weit: Einige hundert Bergfreunde aus Trostberg und Umgebung hatten sich um 10.30 Uhr am Feldaltar an der Kapelle – der unweit der Hütte aus Steinen errichteten Gedächtnisstätte für die Gefallenen – versammelt, um eine von Stadtpfarrer Anton Geisenhofer zelebrierte Bergmesse mitzufeiern. „Ein klarer Föhnhimmel und viele im Neuschnee glänzende Berggipfel bildeten einen stimmungsvollen Rahmen, in dem nun die Weisen der Bauernmesse, gesungen von den Alzviertler Buam, erklangen“, berichtete das Trostberger Tagblatt am 24. Oktober 1966. In seiner Ansprache forderte Geisenhofer seine Zuhörer auf, in der Freude über das gelungene Werk nicht den Dank an Gott vergessen zu vergessen – den Dank dafür, dass die Trostberger immer wieder schönes Wetter für die Bauarbeiten hatten und dass sich kein Unfall ereignet hat.
Nachdem der Stadtpfarrer die Trostberger Hütte geweiht hatte, konnten die Besucher das neue Refugium der Sektion besichtigen. Das Trostberger Tagblatt schrieb: „Noch nach Stunden drängten sich die Besucher und staunten über die zweckmäßig gegliederten und sauber ausgestatteten Innenräume: über die helle, geräumige Küche, in der sich kleinere Gruppen zusammensetzen können, wenn sie nicht den großen Gastraum benützen wollen, den man geschmackvoll mit Lärchenmöbeln ausgestattet hat und den ein großer Kachelofen erwärmt. Auch die sauberen Schlafräume, ein großer mit zweistöckigen Lagerreihen für Massenandrang, ein kleinerer für gemütlicheren Betrieb und ein nettes Dreibettzimmer wurden von allen bestaunt und bewundert.“
Die neue Hütte ist bereits der dritte Stützpunkt, den sich die Trostberger auf dem Hochalmboden am Sonntagshorn eingerichtet haben. Die erste Trostberger Hütte entstand 1922 aus einem gepachteten Almkaser, der zu einer Sektionshütte ausgebaut wurde, den der Alpenverein am 29. und 30. Juli 1922 mit einer Feier offiziell eröffnete. Doch im Winter 1935 zerstörte eine vier Meter hohe Schneelawine, die sich gleichzeitig am Sonntagshorn und an den Reifelbergen löste, die Trostberger Hütte und weitere fünf bis sechs Almkaser. Als der damalige Hüttenwirt Hans Fuschlberger am 9. Februar 1935 nach längerer Abwesenheit in der Hütte nach dem Rechten sehen wollte, fand er nur noch einen schneebedeckten Trümmerhaufen vor. Einen Wiederaufbau verzögerten trotz aller Bemühungen der Sektion zunächst schwierige Verhandlungen, der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 verhinderte ihn schließlich völlig.
Die Notzeiten der ersten Nachkriegsjahre und die Währungsreform machten es unmöglich, an einen Hüttenbau zu denken. Erst 1959, nachdem die Sektion sich mühsam einiges Geld zusammengespart hatte, pachtete sie wieder einen Almkaser – den Brandner-Kaser – und baute ihn zu einer bescheidenen Sektionshütte aus. Viele Trostberger besuchten nun wieder ihren Hausberg, und auch die Jugend entdeckte die Schönheiten und Vorzüge dieses Berggebiets. So wurde mehrmals im Jahr die Hütte für den Besucherstrom zu klein. Es erwachte der Wunsch nach einer eigenen, größeren Berghütte.
Nach langen und schwierigen Verhandlungen konnte die Sektion dann mit dem Bau der neuen Trostberger Hütte beginnen. Der opferbereite Arbeitseinsatz vieler Sektionsmitglieder und Bergfreunde, die Mithilfe vieler Trostberger Handwerker, Geschäftsleute und Kraftfahrzeugbesitzer sowie viele großzügige Spenden ermöglichten es, dass sie fertiggestellt werden konnte. Die Hütte ist das erste Bergsteigerheim, das den Trostbergern ganz gehört und von Grund auf zu diesem Zweck gebaut wurde. Der Plan für die Hütte geht auf einen Entwurf Alois Reiningers zurück und wurde von Richard Hiltscher, dem technischen Leiter des Unternehmens, weiter ausgearbeitet.
Ausschlaggebend für den guten Fortschritt der Bauarbeiten: die berggängigen Unimogs, die immer wieder zum Transport des Baumaterials unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden. Das Bild zeigt den Unimog der Firma Rieger, den Michael Kleinschwärzer ausgeliehen hatte.
Trostbergs höchstgelegene Baustelle auf 1400 Metern: Die Hüttenbauer leisteten an insgesamt 30 Wochenenden 9.000 freiwillige Arbeitsstunden.
Kirchlicher Segen: Die Bergmesse zelebrierte Stadtpfarrer Anton Geisenhofer, der auch die Hütte weihte.
(15. September 2016)
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