Ein wüüda Haufn: Skolka aus dem Weinviertel haben den Vormarkt geskapolkarockt. Fotos: fal, fam, fs
Die Gelegenheit, miteinander zu feiern
„ZwoaDogLang – Wahnsinnsklang“: Schritte nach vorn und dabei die Wurzeln nicht vergessen – Rundum gelungenes Musikfestival
Von Andreas und Michael Falkinger
Die TroJa hat Recht. Aber sowas von. ZwoaDogLang – Wahnsinnsklang hat sie ihr Festival genannt – und Wort gehalten. Das Programm auf den Freiluftbühnen ist in diesem Jahr in weiten Teilen sehr funk- und soullastig gewesen. Wobei „lastig“ hier alles andere als negativ konnotiert gelesen werden darf. Eine Last waren Bands wie Grand Slam, Jazoum oder SoulSanity definitiv nicht. Noch nie waren die Tanzflächen vor der Vormarktbühne beim Trostberger Festival so voll wie diesmal.
[sam id=“8″ codes=“true“] „Hier vorn ist Platz zum Eskalieren.“ Eine Aufforderung zum Tanz, die Wenz Karger von Heischneida auf der Bühne am Stadtbrunnen aussprach und letztlich in einer Polonaise mündete. Die Kinder musste der Sänger sowieso nicht lange bitten. So tanzte und klatschte ein Mädchen fast das ganze Konzert auf der Bühne mit. Einen fulminanteren Auftakt von ZwoaDogLang – Wahnsinnsklang am Freitag hätten sich die Macher von der TroJa nicht wünschen können.
Schritte nach vorn wagen und gleichzeitig die Wurzeln nicht vergessen – das hat die TroJa mit ihrer Programmierung des Festivals umgesetzt. Das Urban-Dance-Experiment „Oans werdn – Classic meets HipHop“ hat Horizonte geöffnet und gezeigt, wieviel positive Energie junge Leute aus der Region freisetzen und dabei eigenständig und höchstklassig etwas auf die Bühne bringen können, was bei weitem übertrifft, was man von einem Provinzfestival erwartet (ausführlicher Bericht hier). Was die TroJa-Tradition betrifft: Auch die wurde bedient, und zwar erstklassig. Beispielsweise mit dem Michael Hornstein Trio mit Michael Bublath an der Hammondorgel und Matthias Gmelin am Schlagzeug, die vom Allerfeinsten im Postsaal-Gewölbe jazzten.
Apropos Wurzeln: Die wurden abgedeckt – dafür sorgten die Oiweiumhoibeeife Jazzband und die Tiger Rag Hotband mit Dixieland im kleinen Postsaal sowie Blues Control und Franzenstein in der Altstadtkneipe „Servaxx“. Gediegen ging es bei Amina & John und Laluna Blue im Hotel „Pfaubräu“ her.
Alles – nur kein Kirchentagschorgeträller
Noch jung im Programm ist das Chöretreffen „A cappella & more“, das Rebecca Thois zum zweiten Mal für ZwoaDogLang organisiert hat. Fand es im vergangenen Jahr noch im Atrium statt, war diesmal der Große Postsaal Schauplatz des Konzerts. Und das hat sich auch rentiert – der Postsaal war erneut voll besetzt. Rebecca Thois hat mit ihrem Fest im Fest den Nerv getroffen – Fortsetzung unbedingt erwünscht. Wer mit der Vorstellung eines biederen Kirchentagschorgeträllers hingegangen sein sollte, sah sich rasch eines Besseren belehrt: Die heimische Formation Scherzo [’s ghead so!], das Ensemble LaGioia aus Waldkraiburg und der Jazzchor Miesbach bewiesen, dass moderne A-cappella-Musik Volksliedern, aber auch Stücken von Coldplay, Stevie Wonder, Sting, Billy Joel und sogar von Rammstein noch Facetten entlocken können, die begeistern.
Überhaupt: Das 2016er ZwoaDogLang-Festival wird als Fest in Erinnerung bleiben, das Grenzen eingerissen hat: Alle Generationen fanden Gelegenheit zu feiern. Miteinander. „ZwoaDogLang – Wahnsinnsklang“ ist kinder- und familienfreundlich geworden, und die Familien und Kinder haben das jetzt mitbekommen und angenommen: Bei den Konzerten von Heischneida, Grand Slam, Jazoum und Skolka standen plötzlich kleine Kinder auf der Bühne, tanzten, sprangen, hatten Spaß. Und die Musiker machten diesen Spaß mit. Das wird bleiben, diese familiäre Atmosphäre, die gelöste Stimmung, die Freude an der Musik und am gemeinsamen Feiern. Und mittendrin feierten Flüchtlinge mit, unbeschwert, angekommen. Sprachbarrieren? Interessieren nicht, so etwas kennt Musik nicht.
Und das Publikum geht ab wie ein Zapferl
Zumal Musik dieser Klasse. Grand Slam zum Beispiel: Das ist eine durch und durch professionelle Formation, die Show kommt punktgenau. Aber dennoch wirkt das nie einfach nur eintrainiert und abgespult. Die haben Spaß. Wie sollte da das Publikum kalt wie ein Fisch dabeisitzen? Es geht ab, wie ein Zapferl. Oder Skolka: Deren Ska-Polka-Mix reißt mit, und der Weinviertler Schmäh noch dazu. Selbst wenn man mit Polka oder Ska wenig anfangen können sollte: Wenn die auf der Bühne stehen und loslegen, dann ist es schier unmöglich, sich diesem Drive zu entziehen.
Eigentlich passt alles beim Trostberger Festival, die Musik, die Technik, das Programm, die Organisation. Was aber immer noch ein wenig zu wünschen übrig lässt, ist der Besuch. Zwar ist die Tendenz steigend, aber tatsächlich sollte es doch möglich sein, mit einer Veranstaltung dieser Qualität locker mal 4.000 Gäste in die Stadt locken zu können. Natürlich wird’s die Trostberger Jazzgemeinschaft wieder mit Hilfe schaffen, mit Hängen und Würgen mit einer schwarzen Null aus den beiden Tagen herauszugehen. Weil sie das immer geschafft hat. Aber beruhigend für die allesamt ehrenamtlich arbeitenden Organisatoren wäre es doch schon mal, würde sie etwas leichter über die Klippen der Finanzierung kommen.
„Wohnzimmer Altstadt“
„Rundum gelungen.“ Mit diesen zwei Worten hat Klaus Schmidtner, Vorsitzender der Trostberger Jazzgemeinschaft TroJa, das Festival ZwoaDogLang – Wahnsinnsklang beschrieben. Die Mischung war gelungen: Von Hip-Hop über Dixieland und Bluesrock bis hin zu Funk, Soul und brillantem Jazz bot das Festival am Freitag und Samstag alles, was das Musikerherz begehrt. Damit hat die TroJa ihren Plan, auch die Jugend für das zweitägige Spektakel zu begeistern, umsetzen können. Mission erfüllt.
„Wir haben gegenüber dem letzten Jahr eine Steigerung der Besucherzahlen“, sagte Schmidtner. Etwa 1.300 Musikfans waren an den beiden Tagen in die Altstadt gekommen. Zahlende Besucher, wohlgemerkt. Rechnet man die Gäste unter 14 Jahren hinzu, die keinen Eintritt zu zahlen brauchten, wird die Zahl deutlich nach oben schnellen. „Das ist eine sehr positive Entwicklung“, betonte Schmidtner.
Die Atmosphäre macht’s: Der TroJa-Vorsitzende hob die familiäre Stimmung hervor, die zwischen Musikern, Technikern, Organisatoren und Besuchern herrschte. Auch das Spezialbierfest der Klosterbrauerei Baumburg, des Graminger Weißbräu aus Altötting und der Privatbrauerei Schnitzlbaumer aus Traunstein sorgte für Flair.
„Man mag einfach herfahren. Die Leute lieben die Altstadt“, sagte Schmidtner und zitierte Musiker, die sich freuten, vor dieser Kulisse zu spielen und Besucher vor den Outdoor-Bühnen tanzen zu sehen. Wiederum brauchte Schmidtner nur zwei Worte: „Wohnzimmer Altstadt.“
(17. Juli 2016)
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