Besuch aus dem Bundestag: Beate Walter-Rosenheimer (stehend, 5. von links) erhielt einen Einblick in die Trostberger Brückenschule. Mit auf dem Bild sind Lehrerin Stefanie Mayer (links) sowie vom Organisations-Team Marianne Penn (3. von links), Brigitte Bartl (2. von rechts) und Simone Ishaq (3. von rechts). Foto: fam
Zu Besuch beim Integrations-Projekt
MdB Beate Walter-Rosenheimer informiert sich vor Ort über die Brückenschule
Von Michael Falkinger
Zu Besuch im wohl „berühmtesten Container des Landkreises“, wie es Helga Mandl, Sprecherin des Kreisvorstands von Bündnis 90/Die Grünen, formuliert hat: Beate Walter-Rosenheimer, Bundestagsabgeordnete der Grünen, war auf die Trostberger Brückenschule für Flüchtlinge, die in einem Pavillon zwischen Realschule und Hertzhaimer-Gymnasium untergebracht ist, aufmerksam geworden und hatte angefragt, ob ein Besuch möglich sei. Das Organisations-Team der Brückenschule – Marianne Penn, Brigitte Bartl und Simone Ishaq – ließ sich nicht bitten und lud Walter-Rosenheimer zu einem Ortstermin ein – gemeinsam mit deren Mitarbeiterin Helga Stieglmeier und Grünen-Kreissprecherin Helga Mandl.
[sam id=“8″ codes=“true“] Die Bundestagsabgeordnete aus Germering, die ordentliches Mitglied in der Kinderkommission, im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologieabschätzung und im parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist, zeigte sich tief beeindruckt vom Trostberger Projekt. „Die ,Brückenschule‘ in Trostberg, Landkreis Traunstein – ein wunderbares Projekt“, postete sie nach ihrem Besuch auf Facebook. Ihr „großes Kompliment“ galt dem Organisations-Team. „So ein ambitioniertes ehrenamtliches Schulprojekt mit so viel Power. Die Geflüchteten lernen hier Deutsch, Mathe und Heimatkunde.“
Im Gespräch mit Walter-Rosenheimer berichtete Bartl, dass in den zwei Räumen des Pavillons 50 ehrenamtliche Lehrer 80 Flüchtlinge unterrichten. Von verschiedenen Deutschkursen über Mathematik und Heimatkunde bis hin zum Verhalten im Straßenverkehr reicht die Palette des Angebots, mit dessen Hilfe sich Flüchtlinge hier integrieren können. Zudem können die Brückenschüler Sozial-Beratung in Anspruch nehmen. Die Schüler kommen dabei nicht nur aus ihren Unterkünften in Trostberg, sondern auch aus umliegenden Gemeinden wie Altenmarkt, Tacherting, Emertsham und Feichten. Teilweise nehmen sie zehn Kilometer Fahrradfahren in Kauf, berichtete Bartl.
Der Dank Penns galt den vielen Gönnern der Trostberger Brückenschule, die das pädagogische und integrative Angebot erst ermöglichen. Denn: Das Projekt finanziert sich ausschließlich über Spenden.
„So was ist doch schön“, kommentierte Walter-Rosenheimer das einzigartige Projekt des Trostberger Helferkreises Asyl. In der Brückenschule findet sich auch eine Mutter-Kind-Gruppe gut aufgehoben. „Die fühlen sich richtig wohl“, erzählte Ishaq über die Frauen, die mit Kindern und Säuglingen in den Pavillon kommen. Es sei wichtig, die Frauen aus ihren Wohnungen zu holen und zu integrieren, fügte Penn hinzu. Eine der Frauen arbeitet inzwischen selbst ehrenamtlich in der „Klawotte“, im Sozialkaufhaus des Trostberger Ortsverbands der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
Der Besuch der Brückenschule erfolgt auf freiwilliger Basis. Wie aber erfahren Flüchtlinge von diesem Angebot, wollte Walter-Rosenheimer wissen. Kontakte werden über den Helferkreis Asyl, Mundpropaganda, das monatliche „Café International“ im Pfarrsaal St. Andreas Trostberg und Facebook geknüpft, erklärten Bartl und Ishaq.
Walter-Rosenheimer bezeichnete die Trostberger Brückenschule als Projekt, das Hoffnung und Struktur bringt. Seit Ende September bietet der Helferkreis Asyl Flüchtlingen diese Möglichkeit der Integration bereits an. Bis dahin hatte es weder Schulplätze für Erwachsene noch für Kinder gegeben. Die Chance: Neben der Realschule stand ein Container leer – ein so genannter pädagogischer Pavillon, auf den die Realschule während einiger Jahre zurückgreifen musste. Die Schule stellte den Container zur Verfügung – und innerhalb von 14 Tagen hatte das Organisations-Team der Brückenschule das Projekt auf die Beine gestellt. Alle in Trostberg lebenden Flüchtlinge haben nun einen Schulplatz, bilanzierte Penn den Ist-Zustand. Teilweise fungiert die Brückenschule auch als Familienersatz für die Flüchtlinge, fügte Ishaq hinzu.
Walter-Rosenheimer erhielt auch Einblick in eine Deutsch-Unterrichtsstunde mit Lehrerin Stefanie Mayer. Die Bundestagsabgeordnete zeigte sich erstaunt, wie gut die Brückenschüler schon Deutsch können – obwohl sie teilweise erst wenige Monate in Deutschland leben.
Die Grünen-Politikerin hörte sich auch die Sorgen einiger Flüchtlinge an, weil zum 31. Mai die Unterkunft in Wäschhausen geschlossen werden soll. Walter-Rosenheimer bedauerte dieses Vorhaben, denn sinnvolle Integration brauche dezentrale Unterkünfte wie Wohnungen und kleinere Häuser. Sie erklärte aber auch, dass Landkreise unterschiedlich damit umgingen, wie man mit dezentralen Unterkünften verfährt.
Den Flüchtlingen, die sie im Deutschunterricht in der Brückenschule kennengelernt hat, wünschte Walter-Rosenheimer Geduld, Ausdauer und Zuversicht. Sie habe noch nie mit Flüchtlingen gesprochen, die in so kurzer Zeit derart gut Deutsch sprechen können. Auch die Ziele der Brückenschüler sind teilweise schon formuliert: Vom Fliesenleger über Elektriker bis hin zum Lehrer sind ihre Berufswünsche. Walter-Rosenheimer erklärte, dass sie schon viele Projekte für Flüchtlinge besucht habe, aber kein Modell wie die Trostberger Brückenschule kenne.
Auf das Trostberger Modell sind auch bereits die sozialen Netzwerke aufmerksam geworden. „Die Brückenschule wäre sicher auch etwas für Erding, denn wir starten hier gerade das Projekt ,Ausbildungsreife‘ für Flüchtlinge, damit sie die Aufnahmeprüfung in die Berufsschule und weiter schaffen“, heißt es etwa auf Facebook.
(10. Mai 2016)
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