„Im Gedenken an das Leid der Häftlinge des KZ-Außenlagers Trostberg“: So könnte die Gedenkstätte auf dem Trostberger Friedhof aussehen. Fotomontage: Susanne Augenstein
Gedenktafel für Häftlinge des KZ-Außenlagers Trostberg
Antrag des Arbeitskreises „Bürger/innen für das Erinnern“ Thema in der Bürgerversammlung
Von Michael Falkinger
Zur Erinnerung an die Häftlinge des KZ-Außenlagers Trostberg setzen sich überparteilich mehrere engagierte Trostberger in einem Arbeitskreis „Bürger/innen für das Erinnern“ dafür ein, auf dem Trostberger Friedhof eine Gedenktafel mit deren Namen anbringen zu lassen. Altbürgermeister Walther Heinze hat bei der Bürgerversammlung im Postsaal einen entsprechenden Antrag gestellt, über den der Stadtrat in einer seiner nächsten Sitzungen beraten soll. Bürgermeister Karl Schleid erklärte, dieses Thema „mit entsprechender Gewichtung“ im Gremium zu behandeln.
[sam id=“8″ codes=“true“]„Die Existenz des ehemaligen KZ-Außenlagers von Dachau in unserer Stadt ist aus der Erinnerung und dem Bewusstsein der heutigen Bevölkerung weitgehend verschwunden“, sagte Heinze. „Nachdem durch die Diplomarbeit der Historikerin Susanne Weisse endlich etwas Licht ins Dunkle der Geschichte gekommen ist, ist die Zeit reif, dass wir uns auch in Trostberg an das Leid der Häftlinge und die Toten des Lagers erinnern.“
In den letzten Kriegsmonaten des Zweiten Weltkrieges war in Trostberg ein Außenlager des KZ Dachau errichtet worden. Die Existenz und Näheres über dieses Lager seien der heute lebenden Bevölkerung Trostbergs weitgehend unbekannt, sagte der Altbürgermeister. Lediglich der ursprüngliche Grab- und Gedenkstein am Friedhof erinnert noch daran. Allerdings wurde auf diesem Stein die damalige Inschrift „Den Opfern des Nationalsozialismus“ nachträglich geändert in die allgemeine Formulierung „Den unvergeßlichen Opfern des Faschismus als ewige Mahnung“.
Um das begangene Unrecht in Trostberg zu erläutern und die Namen der bekannt gewordenen Toten zu nennen, beantragt der Arbeitskreis daher, zwei Tafeln neben dem historischen Gedenkstein anzubringen. Heinze: „Neben einem würdigen Gedenken an die Toten des Lagers und die Leiden der Häftlinge soll dies als ein Mahnmal zur Erinnerung an die Verbrechen der Naziherrschaft auch in unserer Stadt dienen – in der Hoffnung, dass solche Verbrechen in Zukunft nie mehr möglich sein werden. Zu dem Antrag haben Bürger einen professionellen Gestaltungvorschlag mit einem erläuternden Text für diese Tafeln ausgearbeitet. Als kalkulierte Kosten nannte Heinze etwa 1.500 Euro.
„Der letzte Satz unseres Antrages ist mir ganz persönlich ein besonderes Anliegen“, fuhr der Altbürgermeister fort: „…in der Hoffnung, dass solche Verbrechen in Zukunft nie mehr möglich sein werden.“ Denn: „In der gegenwärtigen schweren Krise Europas und Deutschlands häufen sich beängstigend die Gewalttaten gegen Ausländer und die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime, es eskaliert die Rhetorik und die Hetze von extremen Menschen, Parteien und Bewegungen – ich nenne nur die Begriffe ,Lügenpresse‘, ,Volksverräter‘, die Morddrohungen gegen führende Politiker auf allen Ebenen und die Äußerungen über Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge. Das alles weckt in mir erschreckende Erinnerungen an längst vergangen geglaubte Zeiten. Diese Worte gerade auch für diejenigen, die denken, was soll das Ganze nach 70 Jahren.“
Mit dem Titel „Im Gedenken an das Leid der Häftlinge des KZ-Außenlagers Trostberg“ hat der Arbeitskreis „Bürger/innen für das Erinnern“ bereits einen Text aufgesetzt, der auf der Tafel angebracht werden könnte:
„Noch in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges, im Oktober 1944, wurde südöstlich des SKW-Betriebsgeländes ein Außenlager (AL) des KZ-Dachau errichtet. Es bestand bis Anfang Mai 1945. Die Häftlinge mussten vor allem für BMW arbeiten: In einer beschlagnahmten Fabrikhalle der SKW fertigten sie Flugzeugmotorenteile. Auch die Stadt Trostberg und die Firma SKW setzten zeitweise KZ-Häftlinge für eigene Zwecke ein.
Das AL Trostberg war ein reines Männerlager. Unter unmenschlichen Bedingungen inhaftierte die SS dort Häftlinge aus ganz Europa, der Großteil aus der UdSSR und anderen osteuropäischen Staaten. Zeitweise befanden sich fast 1.000 Gefangene im Lager.
Diese waren nicht nur schlimmen Arbeitsbedingungen, sondern auch Terror und Willkür ausgesetzt. Hunger, Kälte, Erschöpfung, schlechte hygienische Bedingungen, Misshandlungen und Krankheiten zehrten viele Häftlinge so aus, dass sie daran starben. Schwerkranke Häftlinge wurden in das Stammlager Dachau gebracht. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Auch wenn für das AL Trostberg keine Hinweise auf Morde existieren, wurde der Tod von Häftlingen durch die im Lager herrschenden Bedingungen mittelbar herbeigeführt.
Am 4. Mai 1945 wurde das Lager Trostberg von amerikanischen Soldaten befreit.
Nachweislich starben mindestens sieben Männer im Außenlager. Ein Häftling verstarb im Krankenhaus Trostberg nach seiner Befreiung.
Die Toten des Lagers wurden zunächst außerhalb des Friedhofes in der Pechlerau verscharrt. Im Juli 1945 wurden die Leichname exhumiert und in ein Sammelgrab innerhalb des Friedhofs umgebettet. In den Jahren nach dem Ende der Nazi-Herrschaft wurden die Gebeine in die Heimat der Häftlinge oder auf den Friedhof der KZ Gedenkstätte Flossenbürg überführt. Heute befinden sich keine sterblichen Überreste von Häftlingen mehr auf dem Friedhof.“
Mit der Tafel soll an folgende Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden:
Michael Arkadjew, Häftlingsnummer 64377, * 28.09.1900 in Jakuszow (heute Polen), † 01.03.1945
Mario Campaner, Häftlingsnummer 74157, * 17.08.1911 in Sesto al Reghena (Italien), † 16.03.1945
Guglielmo Deluri, Häftlingsnummer 69626, * 22.05.1901 in Ronchi dei Legionari (Italien), † 06.03.1945
Christian Corn. Greep, Häftlingsnummer 69669, * 26.05.1921 in Den Haag (Niederlande), † 05.02.1945
Iwan Kusmenko, Häftlingsnummer 66154, * 15.08.1920 in Nowaja Wodolaga (heute Ukraine), † 04.06.1945
Dimitri Lopatin, Häftlingsnummer 51566, * 07.11.1906 in Olexijiwka (heute Ukraine), † 14.02.1945
Sigismund Popczyk, Häftlingsnummer 118815, * 06.06.1924 in Daleschite (Polen), † 31.12.1944
Karel Lod van Leeuwen, Häftlingsnummer 69926, * 15.04.1922 in ’s-Hertogenbosch (Niederlande), † 10.02.1945
In der Stadtratssitzung, in der das Thema „Gedenktafel” erstmals besprochen wird, lässt die CSU-Fraktion den Entwurf krachend durchfallen. Dazu hat der Dipferlscheißer eine Meinung: Vorgänger können nicht irren.
Neueste Kommentare