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Großes Interesse an der Kunstmeile: Bei der Vernissage am Mittwochabend war der Postsaal hervorragend besucht. Fotos: fal
Kunstmeile Trostberg ’15 eröffnet: Optimistische Grundeinstellung, aber auch Werke mit ernster Thematik
Von Andreas Falkinger
Erster Bürgermeister Karl Schleid, Kulturreferent Ernst Schilder, Stadtheimatpfleger Dr. Rainer Lihotzky und Initiator Werner Pink haben die Kunstmeile Trostberg ’15 am Mittwochabend im Postsaal eröffnet. 75 Künstler aus Deutschland und Österreich zeigen bis zum Sonntag, 28. Juni, in der Altstadt mehr als 200 ihrer Arbeiten und machen Trostberg damit zu einem wesentlichen kulturellen Zentrum in der Region. Tatsächlich ist die Kunstmeile Trostberg ’15 Südbayerns größte Werkschau zeitgenössischer Kunst.
[sam id=“8″ codes=“true“]Schleid beschäftigte sich in seiner Eröffnungsrede mit dem Kunstbegriff und stellte dabei eine technokratische, wortreiche Definition des Bundesverfassungsgerichts einem Aphorismus von Wilhelm Busch gegenüber – „Kunst ist die Verzierung der Welt“, wobei nicht nur der Bürgermeister zu dem Schluss kam, Buschs Auslegung sei die deutlich verträglichere. Er betonte, Kunst habe wieder an Bedeutung gewonnen – sie rege die Fantasie an, fördere die Kreativität der Betrachter. „In die Kunst kann und muss eine Vielzahl von Anreizen, Anregungen und Ideen einfließen.“ Es sei unabdingbar Aufgabe der Kunst, gerade aktuelle gesellschaftliche Themen aufzugreifen. Schleid verwies auf das Schulprojekt der Kunstmeile, bei dem sich Kinder und Jugendliche künstlerisch zum Thema „Migration – und wir?“ auseinandergesetzt haben, und forderte die zahlreichen Gäste der Vernissage auf, auch die Ausstellung im Foyer der Heinrich-Braun-Mittelschule zu besuchen. Der Bürgermeister würdigte die Macher und Unterstützer der Kunstmeile – die Sponsoren, die Riedersbacher Energie AG Oberösterreich, den Förderkreis der Wirtschaft, den Bezirk Oberbayern und die EuRegio sowie das Kulturamt mit Monika Wiedl und Lisa Eder.
Auf den Wert der Kunst für Trostberg ging Kulturreferent Schilder ein. Die Kunstmeile sei trotz der Kosten, die die Stadt zu weiten Teilen übernehme, kein Geschenk der Kommune an die Künstler, sondern vielmehr ein Geschenk der Künstler an die Stadt. Kultur sei der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhalte. Diesen Kitt lieferten die Kunstschaffenden der Stadt frei Haus. Für die kommunale Wirtschaftskraft sei Kultur ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor. „Entscheidend fürs wirtschaftliche Überleben wird sein, ob hoch qualifizierte Mitarbeiter unsere Stadt als attraktiv, als lebens- und liebenswert empfinden.“ Um Fachkräfte ans ländliche Umfeld zu binden, müsse es gelingen, eine den größeren Städten vergleichbare Lebensqualität im Hinblick auf Bildung, Freizeitangebot und nicht zuletzt Kultur zu bieten. Die Basis sei gelegt – auf der einen Seite von der Stadt mit ihren kulturellen Einrichtungen Postsaal und Stadtmuseum. Schilder wies aber auch auf die zahlreichen privaten und ehrenamtlichen Initiativen wie Stadtkino, Kulturkessel, das ZwoaDogLang-Festival und eben die Kunstmeile hin, die ganz wesentlich vom Engagement der Bürgerschaft getragen würden. „Unsere kommunale Aufgabe ist es, diese Bausteine des kulturellen Angebots zu pflegen und weiterzuentwickeln“, denn nicht zuletzt davon hänge das künftige Steueraufkommen der Stadt Trostberg ab.
„Kunst als selbstverständliches Lebensmittel, nicht als extravaganten Luxus zu zeigen, das ist unser Ziel“, umriss Stadtheimatpfleger Lihotzky die Motivation des Kunstmeilenteams. Die Kunstmeile wolle, „dass die Menschen sich mit der Kunst auseinandersetzen, die Kunst zur Diskussion stellen – durchaus auch kontrovers“. Um dieses Ziel zu erreichen, habe das Kunstmeilenteam fünf Kriterien angelegt: einen hohen Anspruch bei der Auswahl der Objekte, einen erkennbaren Bezug bei der Platzierung der Werke zum Umfeld, die räumliche Komprimierung der Kunstmeile aufs Altstadt-Areal – „auf der Meile begegnen Ihnen diesmal pro Wegstrecke mehr Objekte“, eine intensive Einbeziehung der Jugend in die Kunstmeile und als fünfte Maßnahme das Angebot eines außergewöhnlichen musikalischen Rahmenprogramms.
Dass die Kunstmeile auch den Anspruch hat, nicht schönfärberisch Ästhetik und Wohlgefallen in den Vordergrund zu stellen und damit Kunst zum rein dekorativen Element abzuwerten, machte Lihotzky deutlich. „Wenn die Kunstmeile hier im Postsaal mit Arbeiten von Georg Mayerhanser, Dieter Schmidt, Helga Bunk, Stefan Birkel und Andreas Kuhnlein und im Atrium mit der Arbeit von Ute Lechner und Hans Thurner einen unübersehbaren Lebensernst betont, dann ist das gewollt, soll aber keinesfalls die optimistische Grundeinstellung der Kunstmeile relativieren.“ Die genannten Künstler setzen sich in ihren Werken unter anderem mit Konsum, Hunger, Armut und sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche auseinander. „Dass darüber diskutiert wird, ist gewollt. Die Künstler stehen auch hierfür zur Verfügung“, sagte Lihotzky.
Kunstmeileninitiator Werner Pink beließ es bei kurzen Dankesworten an die Unterstützer und Sponsoren, ans siebenköpfige Organisationsteam, seine Gattin Ines sowie an seine Künstlerkollegen, die ihre Arbeiten wieder kostenlos zur Verfügung gestellt haben.
Die Ausstellungsräume Atrium, Postsaal und Mittelschule sind täglich von 15 bis 18 Uhr geöffnet, an den Wochenenden von 10 bis 18 Uhr. Öffentliche Führungen sind für heute, Freitag, 19., und Freitag, 26. Juni, jeweils ab 17 Uhr geplant; Anmeldung unter kultur@trostberg.de, Tel. 08621/801-39. Außerdem bietet die vhs Trostberg eine Führung mit Dr. Lihotzky am Freitag, 19. Juni, um 14 Uhr an. Finissage ist am 28. Juni um 18 Uhr im Atrium am Stadtmuseum. Weitere Informationen gibt’s unter www.kunstmeile-trostberg.de.
(11. Juni 2016)
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